Werkschau

Kuhle Spiele für 2 – eine Produktreihe entsteht
Oder auch: In jedem fertigen Spiel stecken 10.000 Schritte

Hinweis: Im ersten Teil dieses Berichts schildere ich die Entstehungsgeschichte der Kuhreihe. Im  zweiten Teil wird dann anhand dutzender Bilder gezeigt, wie die Reihe optisch in den letzten Monaten Schritt für Schritt gewachsen ist, wie die Zusammenarbeit zwischen Redakteur und Illustrator abläuft und welch enormer Aufwand nötig ist, um alles perfekt auf den Punkt zu bringen. Wobei alles nur bruchstückhaft angedeutet werden kann, sonst würde es komplett den Rahmen sprengen. Hinter jedem Spiel im Regal stecken generell 1.000 Schritte. Und bei einer neuen Produktreihe, ufff...


Teil 1
11 Jahre von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt

Will man es positiv sehen, könnte man sagen, dass gute Spiele einige Jahre brauchen, um richtig zu reifen. Und so schlummern sie dann im Hinterstübchen oder in der Schublade und warten auf den geeigneten Moment, endlich das Licht der Welt atmen zu dürfen. Nüchterner betrachtet ist es jedoch eher so, dass man in der Spielebranche mitunter einen verdammt langen Atem braucht, um gewisse Projekte in die Tat umsetzen zu können...

2008 sah es so aus: Es waren bereits 5 Jahre ins Land gegangen (und es sollten noch 6 weitere folgen), als mir plötzlich der (noch fehlende) perfekte thematische Aufhänger für mein geliebtes Reihenprojekt in den Sinn kam. Ich arbeitete damals gerade an einem wunderbar einfachen Würfelspiel für zwei Personen, bei dem jeder einen Weg auf dem Spielplan finden muss, um seine drei Startfelder miteinander zu verbinden. Beim Nachsinnen über einen passenden Titel kam mir irgendwann „Kuh Vadis“ in den Sinn. Und da sprang es mich geradezu an:

Witzige Kuhtitel, Kuhdesign – aus meiner alten Idee wird eine Kuhreihe!


Mögliche Titel kamen gleich im Rudel angerannt: Kuhlorado, Kuhmando, Keep Kuhl, Zum Kuhkuck, Santa Ku, Kuhlumbus, Kuhracho, Kuhlimandscharo, Kuhbismus, usw. usw., endlos. Mir war sofort klar: das ist es! Das ist witzig und es ist neu. Wenn das gut gemacht wird, dann wird es überaus ansprechend, ein Hingucker in jedem Regal. Ich war sofort gepackt und innerhalb kurzer Zeit habe ich mit abgescannten Bildern aus Kinderbüchern mal einige Prototypen gebastelt - meine graphischen Mittel und Fähigkeiten sind beschränkt, trotzdem machten die Schachteln schon was her, deuteten an, was für ein Potential darin steckt:


Nun aber der Reihe nach: Wie alles begann!

Die erste Idee zu meiner neuen Produktreihe hatte ich vor etwa 11 Jahren. Damals war ich als Redakteur vollzeit für Amigo tätig. Es war die große Zeit der tollen 2-Personen-Reihe bei Kosmos. Was sind da für hervorragende Spiele erschienen: Kahuna, Lost Cities, Cäsar & Cleopatra, Siedler-Kartenspiel, Halali, Rosenkönig, Babel, Jambo und und und. Nicht nur die Spiele waren erstklassig, auch das Konzept dahinter war super: Man hat nicht immer mehrere Mitspieler zur Hand, und manchmal möchte man einfach nur was mit dem Partner spielen, gemütlich abends im Wohnzimmer, oder im Schwimmbad, oder auf der Terrasse im Urlaub. Ging mir selbst auch oft so, und dann wurde Backgammon mitgenommen oder Mastermind oder Kniffel oder eben Halali oder Kahuna.
Irgendwie ist es sehr einleuchtend: Es gibt eine große Zielgruppe für 2-Personenspiele, und wenn die Titel einer solchen Reihe inhaltlich und optisch top sind, dann muss das ein Erfolg werden. Und so wurde die Kosmos-Reihe ein großer Erfolg. Völlig zu Recht. Aber ein kleiner Pferdefuß war da.

Das, was mir vorschwebte, war ebenfalls eine 2-Personenreihe, ging jedoch noch einen ganzen Schritt weiter. Drei Überlegungen kamen hierbei zum Tragen:

--- Ein 2-Personenspiel bietet gefühlt weniger als ein richtiges, großes Brettspiel. Kann man „Can't Stop“ oder „Carcassonne“ oder „Bluff“ mit zwei (oder mehr!) Personen spielen, so ist ein „Lost Cities“ eben ausschließlich für zwei konzipiert. Ergo: Wenn man weniger bekommt, sollte es auch deutlich günstiger sein. Die Kosmos-Titel lagen bei etwa 15 Euro, was schon angemessen war, aber eben nicht so günstig, dass der Gelegenheitsspieler einfach mal so bedenkenlos im Laden zugreift.
--- Kann man ein Halali zwar wunderbar ins Reisegepäck oder den Strandbeutel packen, so passt es eben NICHT in die Jackentasche. Ergo: Wenn schon klein und kompakt, dann richtig klein, für alle Eventualitäten geeignet.
--- Waren Halali und Lost Cities so einfach gestrickt, dass sie wirklich jeder verstehen konnte, so stellten etwa das Siedler-Kartenspiel, Babel oder Jambo regeltechnisch für den Gelegenheitsspieler echte Brocken dar, eine viel zu hohe Hürde. Ergo: Wenn man eine Spiele-Reihe vor allem auf ganz normale Leute ausrichtet, dann sollten die Spiele durchgängig sehr einfach sein.

In der Summe liefen meine Überlegungen also auf folgendes hinaus: Sehr klein, sehr preiswert, sehr einfach – für jedermann! Da ich für Amigo arbeitete, war es natürlich völlig klar, dass ich meine Idee dort präsentierte. Die Amigo-Kartenspiele kosteten damals etwa 7 Euro. Von daher wäre ein Ladenpreis von 6,60 Euro spitze gewesen. Und als Schachtelformat schwebte mir eine kleine quadratische Box vor, quasi das Amigo-Kartenspielformat im Quadrat, so circa 10x10 cm. Kleine quadratische Schachteln waren damals auf dem Markt noch nicht wirklich etabliert. Das geschah erst später, in Folge der tollen Erfolge von Heckmeck und Kakerlakenpoker.

Tja, wie das dann so ist in großen Verlagen: viele Leute, viele Meinungen. Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, welches Argument im Meeting letztlich ausschlagge- bend war, auf jeden Fall wurde meine Idee abgelehnt.
Ab 2005 war ich, aus privaten Gründen, nur noch im Hintergrund mit gebremster Kraft für Amigo tätig, andere Dinge hatten Priorität. Und so verschwand meine Idee einer kleinen, preiswerten, einfachen 2er-Reihe erstmal in der Schublade. Hin und wieder wanderten meine Gedanken dorthin, aber es fehlte noch etwas.

Als mich der thematische Aufhänger dann 2008 so vehement anmuhte, kam als möglicher Illustrator für mich nur Oliver Freudenreich in Frage, mit dem ich schon dutzendfach hervorragend zusammengearbeitet hatte. In der Spieleszene-Öffentlichkeit ist Oliver weniger prominent vertreten als der eine oder andere Kollege, aber aus meiner Sicht ist er einer der absoluten Top-Leute, in fast allen großen Verlagen wird er hoch geschätzt: geniale Ideen, erstklassiges Handwerk, mit Leidenschaft dabei, immer am Platz, absolut zuverlässig und pünktlich. Ich stellte ihm das Projekt vor, und er war sofort begeistert. Er sagte Ja und war dabei! Großartig!

Etwa zur gleichen Zeit kam der Kontakt zu den Nürnberger Spielkarten zustande. Ein Telefonat mit Herrn Jurthe, dem Geschäftsführer, war sehr nett und vielversprechend: wir wollten etwas zusammen auf den Weg bringen. Angedacht war von meiner Seite, dass ich meinem alten Staupe-Spiele-Eigenverlag neues Leben einhauche. Oliver und ich würden die Spiele also komplett bis zu den Druckvorlagen umsetzen und dann wollte ich versuchen, eine Vertriebskooperation mit den Nürnberger Spielkarten aufzuziehen – im Grunde genau so, wie es 1996 mit Staupe-Spiele und den Berliner Spielkarten der Fall war.

So eine komplett neue Reihe umzusetzen, bedeutet enorm viel Arbeit (mal ganz abgesehen von der Spielentwicklung selbst, von den zahllosen Testspielen und Verfeinerungen – die diesen Bericht sprengen würden). Bei der Produktumsetzung eines normalen, einzelnen Spiels ist der Arbeitsaufwand bis hin zum letzten Pinselstrich schon gigantisch, und bei einer neuen Reihe, die ja in ihrer Gesamtheit und Wirkung stimmig sein soll, ist es noch mal deutlich mehr. Ich hatte mit Oliver 2002 bei Amigo die Gelbe Reihe konzipiert (vom ersten Gedanken bis zum letzten Punkt und Komma), und ich wusste genau, dass man sowas nicht einfach mal so aus dem Handgelenk schüttelt. Da sich Oliver generell vor Aufträgen kaum retten kann und stets volle Pulle zu tun hat, ließ sich das Projekt 2009 aus Zeitgründen leider nicht mehr realisieren. Dann also 2010. Aber tja, wieder wurde nichts draus, diesmal aufgrund mehrerer privater Umstände bei mir im Haus, inklusive Wegzug aus meiner Heimatstadt Kassel und der Geburt unseres Sohnes. So ging Zeit ins Land.
Was wir stattdessen machten, war, das kleine Geschwindigkeitsspiel „Fusion“ zwischendurch einzuschieben, auch um irgendwo mal den Anfangspunkt bei den Nürnbergern zu setzen. Klappte reibungslos, lief gut an, eine ganze Reihe meiner internationalen Partner lizenzierten das Spiel – alles prima, alle zufrieden.

Inzwischen hatte sich der Kontakt zu den Nürnberger Spielkarten intensiviert, Gespräche wurden geführt, und Anfang 2012 wechselte ich dann von Amigo komplett dorthin, um als verantwortlicher Redakteur ein neues Produktsegment aufzubauen: die Autorenspiele. Nochmal ein größerer Brocken als „nur“ eine Produktreihe. Tja, und dann kam das geniale Qwixx, und der Erfolg knallte von 0 auf 100; die Autorenreihe wächst und gedeiht mittlerweile hervorragend. Immer wieder mussten die Kühe warten.

Teil 2
Es geht tatsächlich los!

Und so wurde aus 2003 schließlich 2014. Jetzt musste es sein! Denn ich muss gestehen, dass ich die ganzen Jahre über ständig Angst hatte, dass mir jemand mit einer einfachen 2er-Reihe und insbesondere mit der Kuh-Idee zuvorkommt. Nicht auszudenken, wenn plötzlich irgendwo witzige Kuhtitel im Kuhdesign erschienen! Nach der Nürnberger Spielwarenmesse vertieften sich die Gespräche zwischen Oliver und mir und am 13. Mai 2014 erhielt ich von ihm das erste Layout per Email, die ersten optischen Grundüberlegungen. Bis zur Abgabe der Druckdaten Anfang September sollten folgen:

- 105 Emails von Oliver an mich
- 82 PDFs mit Layouts, Skizzen, usw, insgesamt unfassbare 344 Seiten,
- 86 Emails von mir an Oliver
- geschätzte 250 Telefonate.

Allein schon diese Daten lassen erahnen, welch ein Aufwand betrieben werden muss, um alles in die richtige Bahn zu lenken. Das Großartige an Olivers Arbeitsweise ist, dass er stets enorm viele Sachen anbietet. Aus denen kann man dann dieses und jenes auswählen oder probieren. Wir haben über all die Jahre viele Dutzend Spiele gemeinsam entwickelt und ich würde unsere Zusammenarbeit als ständiges „Bälle zuwerfen“ bezeichnen: Konzept von mir, mehrere Ideen von Oliver, Vorschlag von mir, Korrektur von ihm, Vorschlag von mir, neuer Entwurf von ihm, Ideen hin und her und hin und her, bis es letztlich passt - zum Spiel und für das Auge des ganz normalen Verbrauchers.

Die nachfolgenden Darlegungen sind auf jeden Fall bruchstückhaft, ganz viele Zwischenschritte müssen aus Platzgründen wegfallen.

Die erste Entscheidung bestand darin, dass es keine quadratische Schachtel mehr sein soll – klein und quadratisch war mittlerweile nichts Besonderes mehr. Dann lieber unser Qwixx-Format, das mehr Raum für verschiedene Materialien bietet. Falls die Reihe erfolgreich wächst, wären wir somit für fast alles gewappnet, vieles ist machbar. Außerdem: Wir starten mit drei Titeln; vier bis fünf weitere liegen nahezu fertig in der Schublade.

Erste optische Frage: Wie sollen die Kühe aussehen?
Man könnte meinen, dass Kühe halt Kühe sind, aber Pustekuchen. Schaut man sich Olivers Skizzen an, bekommt man ein Gefühl dafür, wie unterschiedlich Kühe sein können – und wie unterschiedlich die Wirkung wäre, von kindlich süß bis hin zu erwachsen und schräg.






Meine Entscheidung lautete ganz klar: die Comic-Kühe (Seite 1, Skizzen 2) sind perfekt! Witzig und genau treffend für die Zielgruppe ab 8 Jahren. Mittelfristig könnte auch mal eine realistischere Kuh rein oder eine der funny Kühe, aber der Comic-Stil sollte generell die Richtung der Reihe und ihren Grundcharakter bestimmen.


Zweite optische Frage: Welches Design („CI“) soll die Schachtel bekommen?
Klar, die Reihe soll schon von weitem als Kuhreihe sichtbar sein, mit den typischen Kuhflecken, aber dennoch gibt es zahlreiche Möglichkeiten, die Illustrationen einzubauen. Hinweis: Die Illustrationen sind hier nur als Platzhalter zu verstehen, sie stammen aus alten/anderen Spielen. Und die Kuhflecken sind nur mal eben so hingesetzt.












Da die Schachteln durch die Kuhflecken unweigerlich leicht unruhig wirken, fiel meine Entscheidung auf Layout 2, da dieses am meisten Ruhe reinbringt; ein klarer abgeschlossener Rahmen, innerhalb dessen die jeweilige Illustration gezeigt wird. Aber auch Layout 5 war ein heißer Kandidat.


Die dritte optische Entscheidung betraf die Struktur der Schachtelrückseite. Wo platzieren wir den Text, wie groß machen wir die Abbildungen, soll es einen Info-Kasten (Glück, Taktik, usw.) geben oder nicht? Alles Dinge, die bedacht werden müssen und im Detail viel Zeit in Anspruch nehmen. Nicht allzu spannend, aber gehört halt dazu. Hier nur mal die allerersten Anfänge:




Es gab noch mehr Variationen und dann etliche Zwischenschritte. Grundsätzlich galt auch hier: etwas Ruhe kann nicht schaden. Von daher ging's klar in Richtung der rechten Abbildung. Die endgültige Schachtelunterseite sah Wochen später so aus:


Als nächstes war ein Teil des Spielinhalts dran. Zwei der Spiele, Kuhlorado und Kuh Vadis sind Würfelspiele, und beide haben etwas Besonderes: gespielt wird auf einem Block, der zwischen den Spielern liegt. Wenn man fertig ist, reißt man das oberste Blatt ab und ein NEUES Spielfeld kommt zum Vorschein. Angedacht waren 80 Blatt pro Block. Wir wollten natürlich keine 80 verschiedene Spielfelder pro Titel anbieten, das wäre ein wahnsinniger Aufwand, aber dann doch 10 an der Zahl, die sich 8 Mal wiederholen. Die Kuhlorado-Blöcke waren als erstes dran, zunächst mal OHNE ausgearbeitete Viehtränken, die würden später folgen.


                          





Es gab noch deutlich mehr Varianten, die vor allem mit Farbnuancen spielten. Die Entscheidung fiel auf oben zuletzt abgebildete Variante, da hierbei die Randweiden, die im Spiel eine Bedeutung haben, sehr schön zur Geltung kommen und die Farben sehr harmonisch sind. Fehlten noch die Viehtränken:









Alle Tränken sehen super aus. Es zeigte sich, dass die Ansichten von oben auf dem kleinen Spielblock am besten sind. Am Ende sah das fertige Spielbrett so aus.


Als nächstes war der Spielblock von Kuh Vadis dran. Hierbei haben wir versuchsweise mal Kuhgesichter auf die Felder gebracht – und es sieht gleich nach Kinderspiel aus, was es jedoch nicht wirklich ist. Also KEINE Kuhgesichter.


Die Startfelder in unterschiedlichen Farben - schon einen Tick zu bunt, da die Spieler die Felder ja auch noch ankreuzen bzw. einkreisen:



Der fertige Spieblock sah dann so aus (die Position der Startfelder noch etwas optimiert):




Nun war das Symbol für die Kuhwürfel an der Reihe. Die Würfel zeigen jeweils eine Zahl von 1-5 und ein speziell geprägtes Kuhsymbol. Eigentlich wollten wir gerne die Kuhsmybole der Spielblöcke nehmen, aber laut Hersteller waren die zu filigran und es hätte Verschmierungen bei der Prägung geben können. Also musste was Anderes her:


Wieder einmal galt: Die Kuhköpfe sehen irgendwie zu kindlich aus. Als nächstes versuchten wir, nur eine Outline zu verwenden, aber das sah zu leer aus. Es folgte, einige Wochen später (andere Dinge wurden kamen dazwischen), der dritte Versuch:


Variante 2 ist prima. Noch einen Tick optimiert und unser Würfel, der letztlich farbig geprägt wird (grün bei Kuhlorado, blau bei Kuh Vadis), sah so aus:



Als drittes Spiel
stand Zum Kuhkuck an, ein reines Kartenspiel. Hierfür brauchten wir zunächst mal 5 typische Bauernhofsymbole. Jedem Symbol wird eine bestimmte Farbe zugeordnet. Im Spielverlauf werden die Karten dann auf der Hand gesammelt. Da man mitunter sehr viele Karten auf der Hand hat, so 10 - 15 (sogar 20 sind möglich), müssen die Farben auch dann gut zu unterschieden sein, wenn die Karten sehr klein gefächert sind. Hier bot Oliver wieder zahlreiche Varianten an.





Die Varianten 1a - c waren grundsätzlich prima, aber verlässliche Farbausdrucke zeigten, dass die klein gefächerten Karten zu schwer zu unterscheiden waren, also schlug ich vor, noch einen farbigen Rahmen zu setzen, damit bei der Farberkennung nichts schiefgehen kann - die Spielbarkeit muss immer Priorität haben. Bingo, das war's. Mit Rahmen sieht's prima aus und es funktioniert bestens.

Auch die restlichen beiden Kartentypen (Stromkarte, Rückseitenkarte sowie Infokarte für die Punktberechnung) gingen flott, ebenso der Wertungsblock im Kartenformat (80 Blatt). Das fertige Material sah schließlich so aus:







Da nun alle Materialien fertig vorlagen, waren jetzt die Spielregeln an der Reihe. Sei hier mal erwähnt, dass ich auf die Spielregel immer enorm großen Wert lege - sie ist das Allererste, mit dem ich beginne. Die Spielregel muss zu 98% fertig sein, BEVOR ich mit der Umsetzung eines Spieles anfange. Eiserne Regel: Ohne fast fertige Spielregel keine Umsetzung. Das heißt im Arbeitsaufwand, dass ich eine Spielregel über Wochen und manchmal Monate hinweg immer und immer wieder lese und verbessere, Beispiele überarbeite und die Struktur optimiere, durchschnittlich bestimmt 30 Mal. Erst wenn ich mit Struktur und Inhalt zufrieden bin, gibt es den Startschuss für die Umsetzung.

Die Spielregel-Endkontrolle nimmt dann auch, trotz aller Sorgfalt im Vorfeld, immer noch mal ordentlich Zeit in Anspruch. Tippfehler haben sich eingeschlichen, manche eigene Sachen hat man dutzendfach überlesen, außerdem ist es immer wieder erstaunlich, wie dann doch noch die eine odere andere Formulierung von Testlesern missverstanden wird, und dann muss man nachbessern. Für den ganz normalen Endverbraucher, der selten etwas spielt, sind Spielregeln ein Gräuel. Deshalb sollten sie so perfekt wie möglich sein und so einfach und kurz wie möglich ins Spiel hineinführen. Ich wolte unbedingt alles ins kleine Qwixx-Regelformat bekommen. Das kleine Zettelchen vermittelt schon rein optisch den Einruck: ganz wenig Regeln, das versteht man auf jeden Fall.

Hier mal die erste Seite meiner Kuh-Vadis-Spielregel und Olivers finale Version zum Vergleich.




Aus Anfang Mai war inzwischen Anfang/Mitte August geworden. Bei allen Sachen (Schachtel, Spielregel, Material) war mittlerweile auch der Feinschliff erfolgt, alles lag im Reinzeichenstadium vor, also fertig. Jetzt fehlten „nur“ noch die drei Cover. Da für uns Ende August der definitive Abgabetermin war, mussten wir uns also sputen, damit die Spiele pünktlich zu Essen produziert werden können. Es folgten erste Skizzen, zunächst Kuh Vadis:




Für mich war sofort klar: Variante 3 ist perfekt. Die nehmen wir. Es folgte schnurstracks die Reinzeichenvorlage, also alles schon exakt an seinem Platz...


... und dann alles in Farbe fix und fertig:



Großartig! 100%!


Es folgte Zum Kuhkuck. Bei diesem wer-riskiert-es-am-längsten-Spiel baut sich im Spielverlauf ständig Spannung auf, man möchte auf keinen Fall eine Stromkarte ziehen. Das Cover könnte also zeigen, wie eine Kuh am Weidenzaun eine volle Dröhnung Strom bekommt.



Olivers erste Idee ging dahin, dass zwei Kühe gezeigt werden, wobei die eine einen Stromschlag verpasst bekommt und die andere, als dafür Verantwortliche, schadenfroh darüber ginst. Da die Spieler ihr Risiko im Spielverlauf jedoch zu 100% selbst bestimmen, war das nicht so ganz stimmig. Wir korrigierten dahingehend, dass die Kuh einfach einen am Zaun gewischt bekommt, während sie einige der Sachen transportiert, die im Spiel gesammelt werden müssen. Die andere Kuh lassen wir weg.



                                     Viel stimmiger! Genau das passiert im Spiel!

Wir tauschten nun noch das Schild mit der Aufschrift "High Voltage" gegen ein typisches Weidenzaun-Stromsymbol aus, damit optisch sofort klar wird, was hier passiert. Die endgültige Version sieht so aus:




Zu guter Letzt noch Kuhlorado. Hierbei wird um Land, Viehtränken und Randweiden gerungen. Trotz Würfelmechanismus durchaus taktisch. Olivers erste Ideen hierzu:









Das Nassspritzen an der Viehtränke war schon gut, aber irgendwie noch nicht so ganz das Optimum. Neuer Entwurf:




Ja, das ist schon klasse, dabei sollten wir bleiben, aber ich wollte unbedingt noch WEITE ins Cover bekommen, da es meiner Meinung nach hervorragend zu Colorado/Kuhlorado passt. Also: Die Tränke weiter in den Hintergrund gerückt und nur noch zwei Kühe abbilden, die sich im Wassergezänk befinden. Dafür dann auf den Weiden noch einen Haufen Tiere verteilt.

Auch hier waren wieder einige Zwischenschritte nötig, bis wir es passend hatten. Aber letztlich - genau so sollte es sein:


In Punkto Farbgestaltung wollten wir nun mal ausprobieren, wie etwas poppigere Kühe wirken - also sollte eine der beiden Kuhparteien eine blaue Farbdusche erhalten. Das könnte witzig sein...




Tja, einen Versuch war es wert. Aber ebenso, wie Kühköpfe auf den Spielblöcken eine falsche Wirkung erzielten, sahen die blauen Kühe irgendwie komisch aus, durchaus witzig, aber unpassend. Also das Ganze nochmal etwas dezenter. Und siehe da: das war es dann. Perfekt. Ein tolles Cover!


An dieser Stelle endet der Entstehungsbericht. Kaum zu glauben, aber wahr: nach 11 Jahren ist es endlich vollbracht. Jetzt muss nur noch die Produktion reibungslos funktionieren, dann werden die Spiele in Essen erhältlich sein. Mal sehen, wie es in 11 weiteren Jahren mit der Kuhreihe ausschaut...

Danke fürs Interesse! Und noch einmal ein riesengroßes Dankeschön an Oliver für seinen einzigartigen Arbeitseinsatz!

Wenn Sie Interesse an den Kuhspielen bekommen haben - vielleicht sehen wir uns ja in Essen am Stand der Nürnberger Spielkarten!